“Deebbekoore”

 

Letzten Sonntag zog ein beeindruckender St. Martinsumzug durch Hatzenport. Zu Ehren des Soldaten und späteren Bischofs im  4.  Jahrhundert, der der Legende nach seinen Mantel mit einem frierenden Bettler geteilt hat und so beispielhaft über die Jahrhunderte als Wohltäter gefeiert wird.

Bekanntestes Erinnerungssymbol ist wohl das Martinsfeuer, das am oder um den Namenstag des Heiligen am 11. November in vielen Orten abgebrannt wird. Das schönste natürlich in Hatzenport (siehe auch den Blogeintrag vom 22.11.17 “Heilija Sankt Määrdes…”). In der Landwirtschaft hat sich das Datum als Auszahlungstermin der Feldpachten etabliert. Bei dieser Gelegenheit wurde dann den Pächtern (in den etwas wohlhabenderen Haushalten) auch ein kräftiges Essen in Form einer Martinsgans serviert. Nicht überall fiel die Pacht aber üppig aus und so etablierte sich die “Gans des kleinen Mannes” – der “Deebbekoore”!

Wohl kaum ein anderes Essen an der Mosel taugt zum Titel “Nationalgericht” besser, als der “Deebbekoore”! Interessantes Detail: seine Ursprünge liegen in der koscheren, jüdischen Küche!

Und bei der korrekten Schreibweise gibt´s auch gleich die ersten “Kopfkratzer”. Dass man das Moselfränkisch wirklich nur schwer so schreiben kann, wie man´s spricht, ist allgemein bekannt. Thomas hat ja so einige eigenwillige Vorstellungen von moselfränkischen Schreibweisen, aber den “Deebbekoore” hat er nach langen Überlegungen so kreiert. Lest das Wort einfach so, wie´s da steht. Nicht mit “pp”, denn mit Deppen hat das Ganze nichts zu tun. Und auch nicht mit “ch” wie in “Sache” – der wahre Moselfranke spricht eher das einfache “r”. Probiert´s halt einfach!

In weiten Teilen des Rheinlandes, grob gesagt da, wo Moselfränkisch gesprochen wird, ist die kleine Variante des “Deebbekoore”, der Reibekuchen oder Kartoffelpuffer, als deftiges Backofengericht aus geriebenen Kartoffeln bekannt. Diese feinen, ländlichen Delikatessen tragen dann so lustige Namen wie “Kreebbelcha”, “Panneläppcha”  oder “Riewesplätzja”.  Und den Variationsmöglichkeiten des Grundteigs sind keine Grenzen gesetzt. Das Geheimnis ist – wie schaffe ich es, dass die Kartoffelmasse schön saftig bleibt! Und welche Zutaten geben meinem “Deebbekoore” den individuellen “Touch”.

Bei den Traubenhütern ist das “Deebbe” für den “Koore” ein gusseiserner Bräter. Magdalena hat´s einfach drauf! Stundenlang schmurgelt die Kartoffelmasse bei kräftiger Hitze vor sich hin und bildet allmählich eine erst goldgelbe, dann zartbraune und schlussendlich dunkelbraune, knusprige Kruste.

Ein köstlicher Kartoffelbratduft zieht durch´s Haus und der trockene Traubenhüter-Riesling fährt im Kühlschrank gemächlich auf 8°C. Oftmals ist die Einladung zum “Deebbekoore” willkommener Anlass für die ganze Familie, mal wieder in der Hatzenporter Moselstrasse 49 zusammen zu kommen.

Besonders begehrt: die knusprige (mir fällt keine Steigerungsform ein, ansonsten hätte ich sie hier verwendet) Kruste! Da wird mit Messer und Gabel im Bräter gekratzt, bis kein angebackener Fitzel mehr zu ergattern ist. Und die Definition von “satt” wird beim “Deebbekoore” in ganz neue Dimensionen geführt. Übrigens – persönliche Ansicht von Thomas:  das vielgepriesene Apfelmus oder einen leckeren Feldsalat kann man dazu essen, muss man aber nicht, wenn der “Deebbekoore” perfekt ist! Nicht verzichten kann man auf trockenen oder halbtrockenen Riesling von den Traubenhütern  –  ist sogar mit das Wichtigste! 🙂

Ob beim Thema Wein oder “Deebbekoore”  –  man kann endlos drüber philosophieren, aber am Probieren und Erleben geht einfach kein Weg vorbei. Also  –  “Deebbekoore-Zäit” ist ein dehnbarer Begriff, der durchaus auf kalte Dezember- und Januartage ausgedehnt werden kann.

Und solange sich die Kartoffel – “Deebbekoore” – Metamorphose im Backofen vollzieht, könnt ihr euch von den Schmandeleckern musikalisch auf`s Festmahl einstimmen lassen.

 

Für die, die es nachmachen wollen:

5 kg Kartoffeln, 3 Eier, 3 Zwiebeln, 250 g Dürrfleisch (durchwachsener, geräucherter Bauch), 2 Brötchen von gestern, 1/2 l Milch, Salz, Pfeffer, Muskat, Öl für den Bräter

Mehr braucht man nicht! – Stop- das Öl fehlt.
Die Brötchen in Milch einweichen

 

Geschälte und kleingeschnittene Kartoffeln reiben. Ich mach´s mit der Maschine, meine Mutter reibt heute noch alles von Hand!
Ganz beliebt ist die Schwarte, die schön knusprig in Öl gebraten wird und im Topf bleibt.
Dazu kommt das klein geschnittene Dörrfleisch. Zusammen anbraten.
Zu den geriebenen Kartoffeln die eingeweichten Brötchen, die Eier und Gewürze dazu geben, alles mit den Händen durchrühren.
Die Kartoffelmasse in den Bräter füllen. Als oberste Schicht Öl verteilen, damit die Kruste schön knusprig wird. In den vorgeheizten Backofen schieben und bei 200°C ca. 2 1/2 Stunden backen.
In der Zwischenzeit raus aus dem Haus, die Kerzen schnell anzünden und sich den Martinsumzug und das Feuer neben der Kreuzlay anschauen.

Wenn der Umzug vorbei ist, der Bürgermeister seine Ansprache gehalten, die Kinder ihren Weck von St. Martin bekommen haben, gehen wir wieder nach Hause und schauen in die Röhre.

 

Wunderbar! – Fertig!   Guten Appetit!!!!!

 

 

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