Im Jahr 1920 entschloß sich der langjährige Dorfschullehrer Nikolaus Gerlach, im noch weitgehend unbebauten “Acker” seinen Altersruhesitz zu errichten. In diesem Jahr, dem Auftakt zu einer turbulenten Dekade nicht nur der deutschen, nein sogar der Weltgeschichte, feierte der Erweiterungsbau der St. Rochuskirche und das neuerbaute Pfarrhaus sein 10-jähriges Jubiläum. Pfarrherr und Bewirtschafter des Pfarrgutes nebst Keller war Pastor Friedrich Wilhelm Joseph Brem (Pfarrer von 1909 – 1936). Über die Organisation der Weinbergsbewirtschaftung und des Weinausbaus ist wenig bekannt, die Pastöre dürften aber auf eine gewisse Stammhelferschaft an Gemeindemitgliedern zurück gegriffen haben. Sowohl Lehrer Gerlach, wie auch Pastor Brem hatten natürlich keine Ahnung, dass sie beide knapp hundert Jahre später ihre imposanten Bauten den Traubenhütern zur Nutzung überlassen würden. Eine herbstliche Aufnahme mit Traubenlesehelfern am Pfarrhauskeller 1932 haben wir auf unserer homepage unter “Der Weg der Traube” – “Unser Keller” verewigt.
Am 2. März erreicht uns über Umwege eine mail von Frau Seyfarth aus Limburg. Angefügt ein altes Foto. Obwohl (in der ersten Version) seitenverkehrt entwickelt, ist es den Traubenhütern ein vertrauter Anblick – die Toröffnung des Pfarrhauskellers! Davor platziert eine bunte Truppe von Lesehelferinnen und Lesehelfern und Pastor Brem an ihrer Seite! Auch der Text auf der Rückseite ist beigefügt: “Traubenlese=Fest in Hatzenport a.d. Mosel bei Pastor Brem. Anfang Oktober 1920.”
Das sind solche Momente, wo man innerlich einen “Hauch von Geschichte” verspürt, eine ganz eigene, fast wehmütige Stimmung um sich greift und man sich über die vielen Jahrzehnte mit den damaligen Zeitgenossen verbunden fühlt.
Frau Seyfarth fand das Foto im Nachlass ihrer Mutter, die auf dem Bild als junges Mädchen ganz vorne an den Trauben aus dem Weidenkorb nascht. Natürlich lebt heute niemand mehr, der uns Auskunft geben könnte, wer denn da dem “Herrn Pastor” bei der Traubenlese geholfen hat. Senior Felix mit seinen 90 Jahren hatte lediglich ein paar Vermutungen hinsichtlich der Gesichtszüge einzelner Personen und deren Ähnlichkeit zu Gesichtern seiner Kindheit. Aber mit Sicherheit lässt sich niemand, von den Lesehelfern, außer Pastor Brem, in einer Familie von Hatzenport “verorten”.
Ein bißchen stolz sind wir allerdings schon, dass wir die Tradition fortführen und bestes Lesegut “wie vor hundert Jahren” ausbauen dürfen.
Danke schön an Frau Seyfarth, dass sie uns das Bild zur Verfügung gestellt hat.
Nach der Rückkehr von einer wunderschönen Wanderung zur Burg Eltz kamen wir (glücklicherweise!) beim Haus der Familie Ibald vorbei. Der Hausherr, beim Mähen überrascht, schüttelte sich das Gras aus dem Haar und bat zur Weinprobe ins Haus.
In den nächsten, sehr angenehmen und kurzweiligen, gut 1 1/2 Stunden wurden uns die leckeren Tropfen kredenzt und wir erfuhren nicht nur Wissenswertes über die “Traubenhüter” und den ökologischen Weinbau, sondern u.a. auch viel Interessantes über die Flora und Fauna der örtlichen Steillagen.
Schließlich schleppten wir glücklich unsere erstandenen Flaschen zurück zum Campingplatz (den Muskelkater am nächsten Tag habe ich gerne in Kauf genommen :-)!).
Zu etwas Besonderem wurde die Weinprobe aber auch durch die herzliche Atmosphäre und die Tatsache, dass man in jedem Tropfen schmeckt, mit wieviel Herzblut der Gastgeber und seine Frau ihrer Sache nachgehen und ihre Weine “hüten”.
Liebe Familie Ibald, wir werden Sie gerne weiterempfehlen! 🙂