Im Schneckentempo

“Schreib doch mal was über Schnecken” hat uns Irmgard vor einiger Zeit  zugerufen. Recht hat sie –

                          voilá!

 

Die Tentakel werden ausgefahren

In den verschiedensten Blog-Einträgen in der Vergangenheit, haben Schnecken immer mal wieder Erwähnung gefunden. Sei es, weil ja insbesondere die Weinbergschnecke einen direkten (Namens-)Bezug zur Tätigkeit der Traubenhüter hat oder (wie die “lieben” LWK Kollegen meinen) unser Arbeitstempo eine Assoziation zulässt  – jedenfalls, Schnecken sind faszinierende Wesen.

In voller Länge – “fettes” Weinbergschneckenexemplar

Man muss ja nicht gerade therapeutisches “Snail-Watching” betreiben (das meditative Beobachten der Schneckenaktivität über Stunden), aber ein kurzes Innehalten bei der Weinbergsarbeit, sich mal dem Schneckentempo anpassen  –  das hat was!

Einfach perfekt! Einfach schön!

Im Weinberg haben wir in erster Linie mit der bereits erwähnten Weinbergschnecke (Helix pomatia) und der Hain-Bänderschnecke (Cepaea nemoralis) zu tun. Letztere fasziniert durch ein ungeheuer breites Farbenspektrum. Von weiß über gelb, rosa, rot bis hin zu “wilden” Mischungen ist alles zu finden. Dabei oft mit schwarzen Spiralbändern unterlegt.

2 x Anhänglich!
Schnecken-Caravaning in unwegsamem Gelände
Fein abgestimmtes Odermennig-Schnecken-Rosenkäfer Arrangement!
Lebendiger Jaspis-Edelstein

Im Sommer findet man sie beim Aufheften manchmal in den allerobersten Triebspitzen. Ein Phänomen, dass bisher noch sehr selten beschrieben, geschweige denn erklärt wird. Irgendetwas muss die Bänderschnecke doch bewegen, bei Sommerhitze mitunter 2,50 m Höhendifferenz zu überwinden und in “schwindelnder” Höhe zu verharren. Die schöne Aussicht wird´s nicht sein…. Forschungsbedarf also für die Beobachtungsspezialisten Traubenhüter.

In luftigen Höhen!
War da nicht was mit Wilhelm Busch: “Wenn einer der mit Mühe kaum, geklettert ist auf einen Baum, schon meint, dass er ´ne Schnecke wär – so irrt sich der!”

 

 

 

 

 

 

Die Weinbergschnecke ist tatsächlich in all unseren Wingerten zu finden. Das ist keine Selbstverständlichkeit, denn unabdingbar ist das Vorhandensein von Kalk  –  Baumaterial für oft imposante Schneckenhäuser. Und dieser spezielle Werkstoff ist in den Hatzenporter Lagen dank Löss- und Vulkanascheauflagen ausreichend vorhanden. So eine Weinbergschnecke kann in freier Wildbahn durchaus 10 – 15 Jahre alt werden und dann schafft es ein Schneckenhaus auch schonmal auf 4-5 cm Durchmesser.

Cruisen durch den stacheligen Feldmannstreu

So ein Gastropode (“Bauchfüßer”) verfügt ja nun nicht über ein ausgesprochen großes Gehirn, aber der Aufbau des Schneckenhauses ist ingenieurstechnisch gesehen ein Meisterwerk. Von studierten Architekten haben wir “unter der Hand” mal erfahren, dass solche Spiralkonstruktionen in Prüfungen des öfteren zu heftigen Schweißausbrüchen geführt haben  –  die Schnecke schafft´s mit links!

Eleganz!   Formvollendung!   Kunst!    Schönheit!

Und da haben wir das Stichwort! Fasziniert vom genialen Aufbau und der zeitlosen Schönheit und Eleganz eines Weinbergschneckenhauses, hat Thomas schon vor fast zwanzig Jahren mit dem Sammeln leerer Exemplare angefangen. Unterstützt von der ganzen Familie (kleine Kinder lassen sich hervorragend mit dem “Schneckenhaus-Such-Fieber” infizieren  –  und außerdem kommen sie auch mühelos in die dichteste Schlehenhecke, wo mitunter wahre Schneckenhausfriedhöfe zu entdecken sind), haben sich mittlerweile ca. 2600 Behausungen in allen möglichen Größen angesammelt.

König Helix

Und was hat das mit links zu tun? Betrachtet man ein “handelsübliches” Weinbergschneckenhaus in Draufsicht, dann ist die Drehrichtung der Spirale in der Regel rechts! Lediglich eins unter 60 000 – 80 000 Exemplaren dreht sich auf Grund einer spontanen Mutation nach links! Diese Unikate heißen Schneckenkönig! Und die Traubenhüter sind derzeit das einzige Weingut an der Mosel, das einen solchen Aristokraten im Besitz hat! Gut verstaut im kleinen Schatzkästchen, wird dieses Ausnahmestück nebst “Story” vor allem den naturkundlich interessierten Kunden präsentiert oder bei geführten Wanderungen als besonderer Höhepunkt aus dem Rucksack gezaubert.

Unser Schneckenkönig! Natürlich links!

In unseren “Schnecken-Chroniken” haben wir dann auch noch was Anzügliches gefunden. Auch Hain-Bänderschnecken sind bekanntermaßen Zwitter. Ich stelle mir das so vor, dass da im Vorfeld Einigkeit hergestellt wurde –  wer ist heute “er” und wer ist “sie”….  🙂  Auf jeden Fall spielen die sog. Liebespfeile eine große Rolle und die haben wir ungeniert im Foto festgehalten. Wer da wen befruchtet, ist nicht eindeutig erkennbar, aber faszinierend. Unter´m Strich lässt sich jedenfalls sagen  –  in den Traubenhüter-Weinbergen herrscht noch echte Wohlfühlatmosphäre!

Let´s talk about Sex, Baby
Wildes Getümmel

Hat was von Perlen – Weinbergschneckenkinderstube

 

Der Winter ist nicht die klassische Schneckenzeit, im Gegenteil – in der kalten Jahreszeit zwängt sich die Weinbergschnecke komplett ins Haus und verschließt es mit einem Kalkdeckel. Ein winziges Löchlein bleibt für minimalste Sauerstoffzufuhr offen. Erst wenn die Temperaturen wieder “kommod” werden und ein “warmer Regen” die Natur “wachküsst”, ziehen auch die Helixe wieder ihre schleimige Spur. Jetzt also schonmal für die wochenendlichen Ausflüge die Schneckenkönigsuche mit einkalkulieren und  –  viel Glück!

Für so einen Schnappschuss muss man die Kamera blitzschnell bei der Hand haben

Da hat sich jemand chic gemacht

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